Subjektive Vorwerfbarkeit für die Annahme eines groben Behandlungsfehlers unerheblich

Bei der Frage, ob ein ärztliches Verhalten einen groben Behandlungsfehler darstellt, kommt es nicht auf die subjektive Vorwerfbarkeit eines ärztlichen Fehlverhaltens an.

Maßgeblich ist lediglich die Frage, ob ein Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf.

In dem entschiedenen Rechtsstreit wurde bei einem Patienten ein Herzinfarkt diagnostiziert, wobei jedoch keine sofortige Fibrinolysetherapie (medikamentöse Auflösung von Blutgerinseln) durchgeführt wurde. Dies geschah erst am nächsten Morgen nach der Einlieferung. Die Kläger machten aufgrund der verspäteten Behandlung einen Behandlungsfehler geltend.

Bei einem groben Behandlungsfehler erfolgt eine Beweislastumkehr aufgrund der Annahme, dass durch das Gewicht des besonders schweren Arztverschuldens die Aufklärung des Behandlungsgeschehens in besonderer Weise erschwert ist, sodass dem Patienten ein Kausalitätsbeweis nicht zumutbar ist.
 
Bundesgerichtshof, Urteil BGH VI ZR 139 10 vom 25.10.2011
Normen: BGB § 823; ZPO § 286
[bns]